Das Projekt
SeNeReKo war ein gemeinsames Forschungsvorhaben des Centrums für Religionswissenschaftliche Studien (CERES) an der Ruhr-Universität Bochum und des Trier Center for Digital Humanities (). In der Zusammenarbeit von Geistes- und Sozialwissenschaften einerseits und Informatik andererseits wurden neue Verfahren der Analyse religionshistorischen Quellenmaterials entwickelt. Das Projekt stand damit im Kontext der „Digital Humanities“ und baute auf bisherigen Vorhaben zur Digitalisierung und Erschließung historischer Korpora auf. Ziel war es, die vorhandenen digitalen Materialien nun für Fragestellungen der Religionswissenschaft fruchtbar zu machen und in diesem Zuge auch neue methodische Verfahren zu entwickeln.
Inhaltlich ging das Projekt von Fragen des Religionskontakts aus: Aufbauend auf dem Konzept der „Relational Religion“ und auf Arbeiten des Bochumer Käte Hamburger Kollegs zur historischen Entwicklung religiöser Kontaktzonen und zu Prozessen des Religionskontakts wurde der Transfer religiöser Ideen sowie religiöse Konfliktlinien rekonstruiert. Religion wurde dabei als ein Geflecht aus zahlreichen Verknüpfungen verstanden: Eine religiöse Tradition formiert sich durch die interne Verknüpfung von Komponenten sowie durch Beziehungen zu anderen religiösen Traditionen; und ein religiöses Feld konstituiert sich intern durch die Verknüpfung verschiedener religiöser Traditionen sowie durch Bezüge zu seiner Umwelt. Im Rahmen des Projekts wurden in religiösen Quellentexten nach semantischen und sozialen Elementen, die Hinweise auf Wechselwirkungen mit fremden Religionen geben, gesucht. Dazu wurden zunächst zwei Korpora beispielhaft analysiert: der buddhistische Palikanon sowie altägyptische Texte. Beim Pali-Kanon wurden interreligiöse Bezüge u.a. als Hinweise auf damalige religiöse Konkurrenten wie brahmanische Priester untersucht. In den ägyptischen Texten, die bis ins 3. vorchristliche Jahrtausend zurückreichen, ging es um mögliche Religionskontakte nach Vorderasien, in den Mittelmeerraum und den kuschitischen Süden.
Zur Beantwortung der Forschungsfragen wurden Verfahren der Netzwerkanalyse adaptiert und weiterentwickelt. Die insbesondere in den Sozialwissenschaften zur Anwendung kommenden Techniken der Analyse sozialer Netzwerke wurden um Verfahren der semantischen Netzwerkanalyse ergänzt. Dies ermöglichte es, soziale Beziehungen und semantische Strukturen zu erfassen und zu analysieren, um letztlich Fragen etwa zum Informations- oder Wissensaustausch innerhalb und zwischen religiösen Gemeinschaften beantworten zu können.
Die Entwicklung der notwendigen technischen Verfahren lag in der Verantwortung des Trier Center for Digital Humanities (TCDH). Das Ziel des Trierer Teilvorhabens bestand darin, eine virtuelle Forschungsplattform zur Verfügung zu stellen. Sie unterstützte den gesamten Arbeitsprozess von der Aufnahme der digitalisierten Texte, über deren Analyse bis hin zur Visualisierung der Ergebnisse. Mittels Werkzeugen zur automatisierten Identifikation von Relationen in Texten konnten weitaus größere Textmengen analysiert werden, als es mittels manueller Analysen möglich gewesen wäre. Dabei ging es unter anderem darum, die entwickelten Algorithmen und Verfahren generisch zu konzipieren, so dass sie leicht auf vergleichbare Fragen und weitere Texte übertragbar sind. Des Weiteren wurden in Trier neue Verfahren zur Analyse von außereuropäischen Sprachen (Altägyptisch, Pali) entwickelt, für die zuvor nur wenige bzw. keine Softwaretools vorlagen.